Chatbots bei Versicherungen – die Herausforderungen:
Die Challenges in der Versicherungsbranche sind anders und meist komplizierter als in anderen Branchen. Bei einer Versicherung eingehende Anfragen sind divers und das Themenspektrum sowie die Motive der Anfragen variieren stark. Davon abgesehen wird heutzutage – gerade von Digital Natives, aber auch von anderen Generationen – eine sofortige, digital abrufbare Problemlösung erwartet.
Bedient eine Versicherung diesen Anspruch nicht, ist das Risiko Kunden zu verlieren hoch. Denn insbesondere in der Versicherungsbranche ist die Wechselhürde niedrig. Und somit sind Online-Services gegenwärtig kein Luxus mehr, sondern werden von Kundenseite vorausgesetzt. Weder in der Vergangenheit und noch viel weniger in der Gegenwart möchten Kunden sich durch Unterseiten wühlen, in ewig andauernden Telefonschleifen hängen oder mehrseitige Dokumente durchlesen, um zu der gewünschten Information zu gelangen. Will eine Versicherung also ihre Versicherungsnehmer zufriedenstellen und langfristig als Kunden behalten, ist in dem wettbewerbsintensiven Umfeld der Versicherungsbranche eine 24/7/365-Kommunikation unumgänglich.
Verdrängen Chatbots Versicherungs-Mitarbeiter?
Speziell beim Thema Chatbots und Artifical Intelligence (AI) ist die Frage, ob der selbstlernende Bot nicht Mitarbeiter outsourcen würde, obligatorisch und immer wiederkehrend. Diese Frage ist wichtig und spielt direkt auf einen relevanten Effekt der Chatbots ab. Da gerade immer wiederkehrende Fragen einen Kundenservice-Mitarbeiter auf Dauer demotivieren, kann ein Künstlicher-Intelligenz-Chatbot, ohne müde zu werden, unendliche Male pro Minute eben diese Fragen beantworten. Damit werden Mitarbeiter nicht verdrängt, sondern entlastet. Wiederkehrende Fragen kosten Kundenservice-Mitarbeiter wertvolle Zeit. Zeit, die idealerweise für komplexe Anfragen und ertragsorientierten Service verwendet werden sollte, bei denen ein Chatbot an seine Grenzen gerät. Denn trotz fortgeschrittener Technologie – menschliche Kommunikation bleibt unersetzlich. Ein selbstlernender Chatbot hilft jedoch auf entscheidende Art dabei, Kundenservice-Kosten zu senken und zufriedenere Kunden durch schnelle Antwortlösungen zu erhalten.
Gleichzeitig ist jedoch eine eindeutige Bewegung des Arbeitsmarktes zu erkennen, die zeigt: Kompetente Kundenservice-Mitarbeiter zu finden ist nicht einfach. Und auch im Hinblick auf die Versicherungsbranche ist die rückläufige Zahl von Versicherungsmaklern klar ersichtlich. Demnach können Chatbots eine Branche unterstützen, die zusätzlichen Support mehr denn je benötigt. Laut computerwoche.de kommen auf jeden Versicherungsmakler eine stets wachsende Kundenanzahl, wobei die Anzahl von Beratern immer weiter sinkt. Es wird künftig also fast unmöglich, dass ein Versicherungsmakler all seine Kunden persönlich beraten kann. Dabei bleibt Beratung jedoch unerlässlich – speziell bei verschiedenen Versicherungsprodukten, die meist einer Einschätzung und Erklärung bedürfen.
Diese Einschätzung muss, dank Chatbot-Systemen, jedoch nicht immer persönlich erfolgen. In vielen Fällen würde eine digitale Beratung des Kunden genügen. Und genau an dieser Stelle greifen digitale Vertragsordner und Systeme, die sich mit den Daten eines Kunden auseinandersetzen und die laufende Beratung und Betreuung übernehmen können. Sogenannte Robo Advisor sind intelligente Systeme, die dank Algorithmen Empfehlungen bei Finanzprodukten geben können und dies während des Prozesses ohne menschliches Zutun beherrschen. Denn Prozesse, die auf wiederkehrenden Prüfungsschemata aufbauen und Lösungsstränge vorweisen, die sich präzise identifizieren, analysieren und in Schritte zerlegen lassen, können von KI-Bots erlernt werden.
Best-Practices in der Versicherungsbranche
Zweifelnde Stimmen äußern, dass Chatbots in wenigen Fällen präzise und brauchbare Antworten gäben. So äußerte ein befragter Professor sich in einem FAZ-Artikel sehr kritisch gegenüber Chatbots. Seiner Meinung nach würde der Call-Center-Frust lediglich zum Chatbot verlagert werden. Diese Aussage lässt sich jedoch mit den folgenden Praxis-Beispielen widerlegen.
Lemonade
Mit Blick auf die Versicherungsbranche rentieren Chatbot-Systeme sich allemal, sorgen nicht für Kunden-Frustration, sondern beheben eher Defizite im Kundenservice, indem sie rund um die Uhr verfügbar sind und bei diversen Use Cases greifen. Das Versicherungsunternehmen Lemonade setzt drei verschiedene Chatbots ein und strebt einen komplett von Conversational AI gesteuerten Kundensupport an. Das aus den USA stammende Versicherungsunternehmen ist Vorreiter in Bezug auf KI-Chatbots: Die gesamten Kundendienstleistungen werden mittels KI-Chatbots angeboten. Allein im letzten Jahr verkaufte die Versicherungsgesellschaft 100.000 Versicherungspolicen (Hausrat oder Privathaftpflicht) – und das ohne menschliches Zutun. So hoch, kann die Frustration der Kunden und Websitebesucher demnach nicht sein.
Doch damit nicht genug – Lemonade stellte sogar ein Weltrekord auf, und zwar in der schnellsten Schadenssachbearbeitung. Der Selbsttest zeigt: So einfach, nett und schnell hat man sich selten durch ein beratendes „Versicherungsgespräch“ geklickt.Der Co-Chef von Lemonade, Daniel Schreiber, ist im Interview mit handelsblatt.com der Meinung, in Deutschland eine Lücke ausgemacht zu haben und möchte nun für eine Veränderung auf dem deutschen Versicherungsmarkt sorgen: „[…] hier gibt es viele digitalaffine Kunden, die ihr Leben mit dem Smartphone managen, doch der Großteil der deutschen Versicherer operiert weiter hauptsächlich in einer Offlinewelt.“ Weiter erklärt er, dass Lemonade ein purer Digitalversicherer ist, der aber natürlich im Fall der Fälle ein engagiertes Team habe, dass mit dem Kunden in Kontakt treten können.
AdmiralDirekt
Ein weiteres positives Beispiel ist der Direktversicherer AdmiralDirekt. Durch die Einbindung eines Chatbots konnte das Anrufvolumen um zwölf Prozent gesenkt werden. AdmiralDirekt versichert rund 220.000 Fahrzeuge und empfängt aufgrund dessen täglich eine große Anzahl an Anfragen. Diesen gerecht zu werden ist insbesondere zu Peak-Phasen schwierig. Hinzu kommt, dass manuell zu beantwortende Anfragen häufig eintönige „Zeitfresser“ sind. Eine menschliche Mitarbeit wird gerade bei repetitiven Anliegen eigentlich nicht benötigt – so gilt es diese Herausforderung ökonomisch zu überwinden.
Die Lösung lautete in diesem Fall: ein selbstlernender Chatbot. Die natürliche Sprachverarbeitung macht es möglich die Intentionen aus Kundenanfragen herauszulesen und qualifiziert zu beantworten oder weiterzuleiten. Damit dies erfolgreich gelingen kann, wurde der KI-Chatbot zunächst auf die relevantesten Frageabsichten trainiert – zudem lernt der Chatbot mit jeder Konversation dazu und optimiert sich somit ohne menschliches Zutun. Die Resultate der Einbindung des Chatbots waren daher unter anderem eine erhöhte Kundenzufrieden aufgrund sofortiger Reaktionen seitens der Versicherung, eine verbesserte Erreichbarkeit in der Peak-Phase (4. Quartal) und die Reduktion von Anfragen per Telefon und E-Mail.
Fazit: Ein Gewinn für Versicherungen in vielerlei Hinsicht
Die qualitativen als auch quantitativen Ergebnisse zeigen: Chatbots sind ein Gewinn für die Versicherungsbranche und ihre Kunden. Chatbots sind echte Allround-Talente – das zeigen auch die hier vorgestellten Best Cases. Sie übernehmen die unterschiedlichsten Aufgaben in verschiedenen Abteilungen, Bereichen und Prozessen. Gleichzeitig sorgen die digitalen Assistenten dadurch für eine verbesserte User Experience. Die Anfragen der Nutzer werden schnell und einfach beantwortet. Das ist insbesondere in Zeiten von digitaler Reizüberflutung und einem Überangebot im Netz von großer Bedeutung.
Weitere Vorteile und fortführende Informationen zu AdmiralDirekt sind in der Case Study nachzulesen.